Verbände, Initiativen, Messen & Archive

Die Jazzszene in Deutschland zeichnet sich durch ein vielfältiges Netzwerk von Verbänden, Initiativen, Messen und Archiven aus, die die Interessen der unterschiedlichen Akteur:innen des Jazz und der Improvisationsmusik hierzulande vertreten, den kulturellen Austausch fördern und Möglichkeiten zur Weiterbildung bieten. Diese Strukturen sind seit dem Bericht „Jazz in Deutschland“ 2014 professionalisiert und ausgebaut worden.

Um das komplexe Gefüge der Jazzszene in Deutschland zu veranschaulichen, bietet sich das Bild einer Matrix an, in die sich verschiedene Verbände und Organisationen entlang zweier Achsen positionieren: der regionalen Ebene (von lokal und bundesweit bis hin zu europaweit und global) und der thematischen Ausrichtung (von jazzspezifisch bis Musik und Kultur im Allgemeinen). Jazzverbände sind die Schaltstellen im komplexen Netzwerk der Jazzszene in Deutschland. Sie sind strategisch positioniert, um die Interessen der Szene zu vertreten und den Austausch zwischen verschiedenen Akteur:innen zu fördern. Dabei übernehmen sie eine Schlüsselrolle bei der Gestaltung und Weiterentwicklung der Jazzlandschaft.

Kommunale Ebene 

Gerade in Städten mit größeren Jazz- und Improvisationsszenen, wie beispielsweise Berlin (IG Jazz Berlin) oder Köln (Kölner Jazz Konferenz), gibt es eigene Szene-Zusammenschlüsse auch auf kommunaler Ebene. Die Vielzahl lokaler Initiativen und Fördervereine im gesamten Bundesgebiet, die Konzerte oder Vorträge im Themenkreis Jazz organisieren, sind gerade in der Breite und im ländlichen Raum von großer Bedeutung für das Kultur- und Jazzleben.

Länderebene

Die Wichtigkeit von Interessenvertretungen im Bereich Jazz und Improvisierte Musik hat sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene in den letzten Jahren zugenommen. So ist beispielsweise der Anstieg der Jazzförderung im Land Berlin der Arbeit der IG Jazz Berlin zu verdanken. Doch nicht alle Bundesländer verfügen über eine Interessengemeinschaft (IG) oder Landesarbeitsgemeinschaft (LAG), die es als ihre Kernaufgabe sehen, die berufspolitische Vertretung der Szenen zu sein. Teilweise überschneiden sich in den Verbänden die Tätigkeiten von ehrenamtlicher und kollektiver Konzertveranstaltung und Interessenvertretung. Aktuell haben acht Bundesländer eigene IG oder LAG (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen), die sich jeweils in ihrer Struktur und Finanzierung stark unterscheiden. Sie sind essenzieller Ansprechpartner für Politik und Verwaltung, doch werden nahezu keine von ihnen strukturell von den Ländern gefördert. Zumeist repräsentieren sie, im Gegensatz zur Deutschen Jazzunion, sowohl Jazzmusiker:innen als auch Veranstalter:innen. Die jüngste Neugründung ist der Jazzverband Hessen Ende 2022. Seit 2020 gibt es auch einen regelmäßigen Austausch zwischen den Bundesländervertretungen und der Deutschen Jazzunion sowie gemeinsame politische Kampagnen. 

Bundesebene

Insbesondere seit ihrer Neuausrichtung 2012 hat sich die Deutsche Jazzunion als Interessenvertretung der Jazzmusiker:innen in Deutschland zu einer wichtigen kulturpolitischen Akteurin entwickelt, während die Deutsche Jazz Föderation die Interessen der Veranstalter:innen in dieser Szene abbildet. Gebündelt werden die Interessen und Expertisen aller relevanten Bereiche wie Wissenschaft, Journalismus, Musiker:innen- und Veranstalter:innenvertretung in der Bundeskonferenz Jazz (BK Jazz), die als nicht verfasstes Gremium eine wichtige Ansprechpartnerin ist. Die BK Jazz und die Deutsche Jazzunion agieren auf Bundesebene und decken verschiedene Aspekte der Jazzszene ab: von kulturpolitischer Interessenvertretung bis hin zur Förderung von Diversität und Nachhaltigkeit. Im Deutschen Musikrat und Deutschen Kulturrat werden ebenfalls im übergeordneten Rahmen die Interessen der Jazzszene mit vertreten, besonders aktiv ist hier die Deutsche Jazzunion als Mitglied beider Institutionen.

Europa

Verschiedene Akteur:innen der Szene in Deutschland sind wiederum in Netzwerke auf europäischer Ebene eingebunden. Während im Europe Jazz Network nahezu 200 Produzent:innen und Veranstalter:innen für zeitgenössischen Jazz und Improvisierte Musik organisiert sind, um einen breiten Austausch auf europäischer Ebene zu gewährleisten, hat es sich Voice for Jazz Musicians in Europe als Zusammenschluss der nationalen Jazzmusiker:innen-Verbände zur Aufgabe gemacht, die transnationale Zusammenarbeit von Musiker:innen innerhalb Europas zu verbessern.

Archive & Informationszentren

Ein weiteres wichtiges Element der Jazzszene in Deutschland bilden Archive und Informationszentren, die Vergangenheit und Gegenwart des Genres dokumentieren und bewahren. Diese Archive sind entscheidend für das Verständnis der historischen Entwicklung des Jazz und dienen als Ressource für Forschende und Journalist:innen, Musiker:innen und Jazzbegeisterte.

Die bedeutendste, wissenschaftliche Forschungs- und Informationseinrichtung auf Bundesebene ist hierbei das Jazzinstitut Darmstadt. Das Jazzinstitut Darmstadt wurde 1990 mit einem Archivbestand als Informations- und Dokumentationszentrum gegründet; es ist heute für seine reichen Sammlungen und die gute Erschließung der Archivbestände international bekannt. Daneben hat sich die Einrichtung zu einem national bedeutenden Knotenpunkt für Struktur- und Netzwerkprojekte der Jazz- und Improvisationsszene entwickelt, was durch die relativ offene Ausrichtung und die personelle Ausstattung mit drei Dauerstellen ermöglicht wird, die das Jazzinstitut projekt(förderungs)unabhängig und nachhaltiger begleiten können, als es an vielen anderen Stellen in der Szene leider immer noch der Fall ist.

Dazu kommen kleinere Archive wie das Klaus-Kuhnke-Institut für Populäre Musik und das Lippmann+Rau-Musikarchiv, die Hüter des kulturellen Erbes des Jazz sind und sich der Dokumentation und Bewahrung historischer Aufnahmen, Bücher, Zeitschriften und Fotos widmen. Sie bieten Einblick in die Geschichte des Jazz und der populären Musik und dienen als Informationsquelle für die Forschung und die Gestaltung zukünftiger Projekte.

Zudem ist das Musikinformationszentrum miz unter dem Dach des Deutschen Musikrats zu erwähnen, das aktuelle Daten zum Musikgeschehen in Deutschland, auch zu Jazz und Improvisierter Musik, sammelt und aufbereitet.

Messen & Konferenzen

Messen und Konferenzen wie die jazzahead! in Bremen, das „Darmstädter Jazzforum“, die „Jazz Now!“ der Deutschen Jazzunion oder die Tagungen von Radio Jazz Research sind ein weiterer wichtiger Knoten im Netzwerk der deutschen Jazzszene. Während Verbände sich um die Vertretung der Interessen der Jazzmusiker:innen in der Gegenwart kümmern und für die Zukunft sorgen und Archive die Geschichte des Jazz bewahren, sind Messen und Konferenzen Schaufenster für aktuelle Trends und Entwicklungen. Diese Veranstaltungen sind nicht nur Plattformen für den Austausch von Fachleuten, Künstler:innen und Musikliebhaber:innen, sondern tragen maßgeblich auch zur Vernetzung der Jazzszene bei. Sie bieten Möglichkeiten zur Präsentation von Musik, zur Diskussion relevanter Themen und zur Stärkung der internationalen Zusammenarbeit.

Ziele & Handlungsempfehlungen

  • Schaffung von Fördermöglichkeiten für Interessenvertretungen und Szene-Organisationen, um ihre Arbeit langfristig zu unterstützen und auszubauen
  • Einbindung der Verbände und Interessenvertretungen in Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse, Juryverfahren und andere förderrelevante Gremien und Ausschüsse