Vorwort

Zehn Jahre sind vergangen seit dem letzten Bericht der Bundeskonferenz Jazz mit umfassender Analyse der Jazz-Landschaft in Deutschland. Vor einem Jahrzehnt zeigte sich die deutsche Jazz- und Improvisationsszene im Aufschwung – als vital und dynamisch, mit einer Fülle an talentierten Künstler:innen, einer breiten Palette an Spielstätten und Festivals sowie einem wachsenden Bewusstsein für die eigene gesellschaftliche Rolle und Verantwortung sowie die kulturelle Vielfalt, die der Jazz repräsentiert. Seitdem gab es wichtige Entwicklungen hin zur Etablierung von Bundesförderinstrumenten wie den Musikfonds oder den Deutschen Jazzpreis, zu wegweisenden Landesförderprogrammen, zur Planung für ein „Zentrum für Jazz und Improvisierte Musik“ in Berlin und insbesondere zum Ausbau des Stadtgarten Köln zum „Europäischen Zentrum für Jazz und Aktuelle Musik“. Diese Entwicklungen belegen eine zunehmende Verankerung dieses Genres im Kulturleben Deutschlands. Doch grundlegende Veränderungen wie die Corona-Pandemie haben auch die Jazz- und Improvisationsszene nicht von ihren Auswirkungen verschont. Die Pandemie zwang Spielstätten temporär zur Schließung, Festivals wurden abgesagt oder fanden nur in stark eingeschränktem Umfang statt. Musiker:innen sahen sich plötzlich mit einer Bedrohung ihrer Existenzgrundlage konfrontiert, die nur durch Förderungen und staatliche Unterstützung aufgefangen werden konnte, um entstandene Lücken
zu schließen.

Diese Herausforderungen sind jedoch nicht isoliert zu betrachten. Sie offenbaren tiefer liegende, strukturelle Probleme, die die deutsche Jazzszene seit Langem belasten. Die unzureichende finanzielle Unterstützung der Strukturen und Akteur:innen und infolgedessen eine unzureichende Infrastruktur für Jazzmusiker:innen sind nur einige der Probleme, die dringend angegangen werden müssen. Es bedarf nachhaltiger Strategien und kulturpolitischer Konzepte der Kulturförderung für die essentiellen Bereiche, deren Potenziale wir im Folgenden aufzeigen. 

In diesem Bericht werden wir genauer analysieren und darstellen, wie sich die Jazzlandschaft in Deutschland in den letzten Jahren entwickelt hat. Dabei werden sowohl die Stärken und Potenziale aufgezeigt als auch Schwachstellen deutlich benannt. Wir werfen einen Blick auf die aktuellen Bedingungen für Spielstätten und Festivals, die Veränderungen im Rundfunk und der Medienlandschaft, untersuchen die Wirksamkeit von Förderprogrammen und analysieren die soziale Situation der Jazzmusiker:innen.

Trotz der Resilienz und Innovationskraft der Jazz- und Improvisationsszene in Deutschland sind die aktuellen Krisen und drohenden finanziellen Kürzungen alarmierend. Es besteht ein dringender Handlungsbedarf seitens der Politik und der Verwaltung, um nachhaltige Unterstützungsmechanismen zu etablieren, die nicht nur die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie adressieren, sondern auch eine langfristige Vision für die Förderung und Weiterentwicklung des Jazz in Deutschland bieten. Dieser Bericht ist ein Appell, die Bedeutung des Jazz und der Improvisierten Musik als lebendige und verbindende Kunstform noch mehr anzuerkennen und durch konkrete Maßnahmen zu stärken.