Jazzförderung Bundesländer

Die Förderung für Jazz und Improvisierte Musik in Deutschland ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich organisiert und variiert in Umfang und Struktur stark. Auch ein Zugang zu entsprechenden Informationen ist nicht allerorten gleichermaßen gewährleistet. So kann die Wahl des Lebensmittelpunktes eines antragstellenden Musikers oder einer Musikerin Einfluss haben auf die Möglichkeit zur Finanzierung musikalischer Projekte. Ein Blick auf einige ausgesuchte „Best-Practice“-Beispiele in fünf von 16 Bundesländern gibt einen Überblick über die Bandbreite der Fördermöglichkeiten.

Baden-Württemberg

„Nett hier. Aber waren Sie schon mal in Baden-Württemberg?“ Allerorten prangt der ovale Sticker in Gelb mit eben jenem Spruch – und unter dem Gesichtspunkt Förderung für Jazz und Improvisierte Musik lohnt der Blick ins Ländle. Anfang 2024 ließ das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg durch Kunststaatssekretär Arne Braun verlautbaren, dass die Landesregierung Impulse setze durch die Förderung von Auftritten von Künstler:innen im In- und Ausland: „Wir stärken Clubs und Festivals und präsentieren Jazz made in Baden-Württemberg auf großen Bühnen“, so Braun in einer Pressemitteilung. Rund 360.000 Euro fließen 2024 in Exportförderung, Clubförderung und Festivalförderung.

Bei der subsidiären Clubförderung handelt es sich um die Möglichkeit zur Aufstockung von Gagen. Mit der Exportförderung können Reise- und Aufenthaltskosten für Auftritte und Touren außerhalb Baden-Württembergs unterstützt werden. Antragsberechtigt sind hauptberufliche Musiker:innen (Solist:innen wie auch Ensembles) mit Hauptwohnsitz in Baden-Württemberg. Festivals in Baden-Württemberg mit einem Schwerpunkt auf Jazz, die seit mindestens fünf Jahren stattfinden, können sich die Präsentation von Musiker:innen und Ensembles aus Baden-Württemberg mit bis zu 8.000 Euro bezuschussen lassen. Darüber hinaus werden einzelne herausragende Festivals regelmäßig mit Mitteln aus dem Landeshaushalt gefördert. Die Präsentation der Szene wird beispielsweise auch im Kontext der jazzahead! in Bremen durch Maßnahmen wie einen Messestand „Jazz Baden-Württemberg“ oder die „Clubnight Baden-Württemberg“ fortgesetzt.

Wie auch andere Bundesländer verleiht Baden-Württemberg einen Jazzpreis. Vergeben wird der mit 15.000 Euro dotierte Nachwuchspreis seit 1985 an Künstler:innen, „die nicht älter als 35 Jahre sind und in Baden-Württemberg leben oder durch ihre künstlerische Arbeit eine enge Beziehung zum Land haben.“

Berlin

Berlin hat als eine von zwei Jazz-Metropolen in Deutschland lange nur eine unzureichende Förderung der international anerkannten und in der Stadt tätigen Szene-Akteur:innen gewährleistet. Eine Steigerung des Budgets für diesen Bereich innerhalb von gut zehn Jahren von 200.000 auf rund eine Million Euro im Jahr 2021 (exklusive des Projekts „House of Jazz“) vermochte diese Lücke einigermaßen zu schließen. Kürzungen der seit 2023 amtierenden Regierung lassen einen negativen Trend bei der inzwischen eigentlich beispielhaften Förderung befürchten.

Jährlich werden Einzelstipendien in Höhe von bis zu 8.000 Euro an „professionelle Künstlerinnen, Künstler, Gruppen sowie Kuratorinnen und Kuratoren […], die eine künstlerische Ausbildung abgeschlossen haben und/oder eine mehrjährige professionelle künstlerische Tätigkeit auf ihrem Gebiet nachweisen können“, vergeben. Kriterien für die Vergabe sind „in erster Linie Qualität, Gestaltungskraft und Kontinuität“. Mit 15.000 Euro dotiert ist der seit 2017 jährlich verliehene Jazzpreis Berlin, vergeben durch die Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin und dem Rundfunk Berlin-Brandenburg. Auszeichnungswürdig sind Musiker:innen, die ihren überwiegenden Arbeitsmittelpunkt in Berlin haben und kontinuierlich im Berliner Konzertleben aktiv sind.

Das Arbeitsstipendium ist mit Förderungen wie dem Recherchestipendium oder dem Kulturaustausch-Stipendium bis zu einer Höhe von 24.000 Euro pro Jahr kombinierbar. Mit der „Basisförderung Jazz“ unterstützt werden Formationen von fünf oder mehr Musiker:innen, die seit mindestens zwei Jahren bestehen, mit einer Mehrheit von in Berlin beheimateten Musiker:innen, deren Arbeitsmittelpunkt in Berlin liegt und die bereits durch besonders kreative Leistungen hervorgetreten sind. Die Förderungssumme für ein Ensemble beträgt pro Förderungsjahr maximal 50.000 Euro. Über diese und weitere Fördermöglichkeiten in Berlin informiert übersichtlich die Website der IG Jazz Berlin und auch deren Podcast B:jazz sei in diesem Zusammenhang empfohlen.

2019 schrieb der Berliner Senat zum ersten Mal die „Sparten-offene Förderung für Festivals und Reihen, vierjährig“ aus. Nahezu fünf Millionen Euro war diese Fördermaßnahme der Senatsverwaltung für Kultur wert. Ziel ist es, „Festivals und Reihen, die sich in der Vergangenheit durch künstlerische Qualität, ein besonderes Profil und thematische Schwerpunktsetzung in der Berliner Kulturlandschaft etabliert haben, langfristige Planungssicherheit zu verschaffen.“ Ein Kriterium ist, in welchem Maß die Antragsteller:innen bei der Programmierung zur Herstellung von Teilhabe, Inklusion und Diversität genauso beitragen wie bei der Definition ihrer Zielgruppen oder bei der internen Personalpolitik. Das Gros der Festivals und Reihen bekommt eine jährliche Förderung zwischen 150.000 und 500.000 Euro.

Brandenburg

In Brandenburg hat es in letzter Zeit wichtige Schritte zu einer umfassenderen Förderung von Jazz und Improvisierter Musik gegeben. Der 2024 erstmals von der Jazzwerkstatt Peitz ausgeschriebene Jazzpreis Brandenburg, dotiert mit 5.000 Euro, wird gefördert von der Initiative Musik: „Mit dem Jazzpreis Brandenburg soll eine herausragende künstlerische Leistung gewürdigt werden. Der Preis soll an eine Musikerin oder einen Musiker verliehen werden, die bzw. der in besonderer Weise einen prägenden und inspirierenden Beitrag zum Jazzleben in Brandenburg leistet und mit wichtigen künstlerischen Impulsen über das Bundesland hinaus strahlt“, heißt es in der Ausschreibung.

Weiterhin fördert das Land Brandenburg unter der Überschrift „Aktuelle Musik (Neue Musik und Jazz)“. In der Präambel dazu heißt es: „Mit dem Förderprogramm ,Aktuelle Musik’ sollen die drei Säulen der aktuellen zeitgenössischen Musik – Popularmusik, Jazz, Neue Musik – in ihrer Bedeutung für die Kulturlandschaft in Brandenburg gewürdigt und entwickelt werden.“ Förderfähig sind die Vergabe von Kompositionsaufträgen, die Planung und Durchführung von nichtkommerziellen Festivals, Veranstaltungsreihen sowie Einzelveranstaltungen und die Durchführung von Tourneen und Gastspielen für bereits produzierte Formate. Gefördert werden nur Projekte, die in Brandenburg durchgeführt werden. Der Sitz der Antragstellenden ist für die Förderung nicht maßgeblich.

Nordrhein-Westfalen

Auf langfristige Förderung setzt das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Im Zuge der „Stärkungsinitiative Kultur“ waren die Ensembleförderung und die Exzellenzförderung Jazz (heute: NICA artist development) auf den Weg gebracht worden. „Ziel der Ensembleförderung ist es, freie Ensembles in die Lage zu versetzen, ihre künstlerische Arbeit zu professionalisieren, neue innovative Wege auszuprobieren und damit ihr künstlerisches Profil zu schärfen. Damit sollen einerseits die Arbeitsbedingungen der Ensembles im Land insgesamt verbessert werden und andererseits dem nordrhein-westfälischen Publikum die Vielfalt der freien Ensembleszene des Landes präsentiert werden“, fasst es die Bezirksregierung Köln auf ihrer Website zusammen. Förderungen werden je nach Ensemblegröße zwischen 20.000 und 100.000 Euro jährlich für bis zu 36 Monate gewährt. „NICA artist development bietet herausragenden Musiker:innen aus Nordrhein-Westfalen, die im Bereich Jazz und Aktuelle Musik arbeiten, eine Plattform für künstlerische Profilierung und Professionalisierung ihrer Karrieren“, heißt es in einer 2023 veröffentlichten Pressemitteilung. Als Besonderheiten des Programms werden ein Förderzeitraum von bis zu drei Jahren und die individuelle Anpassungsfähigkeit des Förderprogramms an die Bedürfnisse der Musiker:innen genannt. 420.000 Euro stehen dem Förderprogramm jährlich zur Verfügung.

Diese Programme werden durch eine umfangreiche Projektförderung (für Einzelmusiker:innen, Programmreihen und Festivals) ergänzt. Im Rahmen von „Internationaler Kulturaustausch“ sind überdies Exportförderprogramme gebündelt – wie zum Beispiel zur Förderung von Auslandsauftritten, Kooperationsprojekten mit ausländischen Partner:innen, Stipendien und Besucher:innenprogrammen zur Vernetzung mit internationalen Akteur:innen. Zudem vergeben der Landesmusikrat NRW und das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen jährlich ihre „Spielstättenprogrammprämie“ an „kleine und mittlere Bühnen der freien Musikszene für ihren besonderen Einsatz und ihr anspruchsvolles und engagiertes Live-Programm“.

Sachsen

In Sachsen unterstützt die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen – gefördert durch das Sächsische Staatsministerium – verschiedene kulturelle Projekte und Initiativen, auch solche im Bereich von Jazz und Improvisierter Musik, durch Projektförderung. Entscheidend für eine Förderung sind die Qualität eines Projekts, dessen regionale Relevanz und Nachhaltigkeit sowie seine Öffentlichkeitswirksamkeit.

Mit der 2009 erstmalig ausgeschriebenen „Konzeptförderung“ stärkt die Kulturstiftung erfahrene, qualitativ herausragende Kulturinitiativen im Freistaat Sachsen: „Durch eine kontinuierliche Förderung über drei Jahre sollen die Weiterentwicklung des künstlerischen Profils, die Professionalisierung bestehender Strukturen und die Umsetzung langfristiger Vorhaben unterstützt werden.“ Jährlich stehen dem Programm 250.000 Euro zur Verfügung. In dieser Sparte finden sich aktuell keine Akteur:innen aus dem Bereich Jazz- und Improvisierte Musik.

2023 vergab der Jazzverband Sachsen zum ersten Mal den Jutta Hipp Preis. „In den Kategorien Komposition und Improvisation werden herausragende Jazzmusiker:innen ausgezeichnet, die im Leben und Wirken mit dem Freistaat Sachsen verbunden sind und die hiesige kulturelle Landschaft mit ihrem Wirken bereichern“, heißt es in der Pressemitteilung vom 1. Juni 2023. In beiden Kategorien ist der Preis mit 3.500 Euro dotiert, gefördert mit Mitteln der Initiative Musik.

Strukturen der Selbstorganisation auf Länderebene

Die Wichtigkeit von Interessenvertretungen im Bereich Jazz und Improvisierte Musik hat sowohl auf Landes- als auch Bundesebene in den letzten Jahren stark zugenommen; so ist beispielsweise der starke Anstieg der Jazzförderung im Land Berlin der beharrlichen Arbeit der IG Jazz Berlin zu verdanken. Doch nicht alle Bundesländer verfügen über eine Interessengemeinschaft (IG) oder Landesarbeitsgemeinschaft (LAG), die es als ihre Kernaufgabe sehen, die berufspolitische Vertretung der Szene zu sein. Teilweise überschneiden sich in den Verbänden die Tätigkeiten von ehrenamtlicher und kollektiver Konzertveranstaltung und Interessenvertretung.

Aktuell haben acht Bundesländer eigene IG oder LAG (Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen), die sich jeweils in ihrer Struktur und Finanzierung stark unterscheiden. Sie sind essenzielle Ansprechpartnerinnen für die Politik und Verwaltung, dennoch ist so gut wie keine von ihnen von den Ländern institutionell gefördert. Zumeist repräsentieren sie, im Gegensatz zur Deutschen Jazzunion, sowohl Jazzmusiker:innen als auch Veranstalter:innen. Die jüngste Neugründung ist der Jazzverband Hessen Ende 2022. Seit 2020 gibt es einen regelmäßigen Austausch der Bundesländervertretungen und der Deutschen Jazzunion sowie gemeinsame politische Kampagnen.

Ziele & Handlungsempfehlungen 

  • Verankerung von Kultur als Staatsziel u.a. zur Sicherstellung eines flächendeckenden reichen und diversen Kulturangebots inklusive Jazz und Improvisierte Musik; Berücksichtigung auch von den unterschiedlichen Bedarfen in ländlichen und urbanen Regionen
  • Förderung von Kunst und Kultur als Pflichtaufgabe der öffentlichen Hände definieren
  • Etablierung eines Bundesministeriums für Kultur
  • Mehrjährigkeit und möglichst Überjährigkeit von Projektförderungen und institutionellen Förderungen ermöglichen und absichern; Schaffung von Planungssicherheit
  • Einbindung der Verbände und Interessenvertretungen des Jazz und der Improvisierten Musik in Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse, Juryverfahren und andere förderrelevante Gremien und Ausschüsse